| |
| II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Die vom FG vorgenommene Ermittlung und Bewertung des Vorteils in Form von im Rahmen der Kapitalerhöhung verbilligt zugewandten Aktien hält revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand. Insbesondere hat das FG bisher noch keine Feststellungen zum Wert der Aktien im Zeitpunkt der Eintragung der Durchführung der Kapitalerhöhung als dem entscheidungserheblichen Stichtag getroffen. Die diesbezüglichen Feststellungen wird es im zweiten Rechtsgang nachzuholen haben. |
|
| 1. Zu den Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 8 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr (1998) geltenden Fassung (EStG) gehört auch der Vorteil aus der verbilligten Überlassung von Aktien, wenn der Vorteil dem Arbeitnehmer "für" seine Arbeitsleistung gewährt wird (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 1. Februar 2007 VI R 72/05, BFH/NV 2007, 898; vom 23. Juni 2005 VI R 124/99, BFHE 209, 549, BStBl II 2005, 766; jeweils m.w.N.). Diese Grundsätze hat das FG zutreffend seiner Entscheidung zu Grunde gelegt. Die Würdigung des FG, dass der Aktienerwerb der Klägerin auf Grundlage des Beschlusses über die Kapitalerhöhung vom 12. Oktober 1998 durch das Dienstverhältnis veranlasst war (vgl. dazu BFH-Urteil vom 19. Juni 2008 VI R 4/05, BFHE 222, 353, BStBl II 2008, 826), ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Das FG hat insoweit zutreffend berücksichtigt, dass die Aktien aus der am 12. Oktober 1998 beschlossenen Kapitalerhöhung ausschließlich an die Mitarbeiter der D ausgegeben worden waren und diese Maßnahme angesichts der kurz zuvor erfolgten Übernahme der D der Mitarbeitermotivation hatte dienen sollen. |
|
| 2. Die vom Arbeitgeber der Klägerin ausgegebenen Aktien der AG gelten als Vermögensbeteiligung i.S. von § 19a Abs. 3 Nr. 1 EStG. Diese sind gemäß § 19a Abs. 8 Satz 1 EStG mit ihrem gemeinen Wert anzusetzen. Unterschreitet das von der Klägerin für die neuen Aktien geleistete Entgelt deren gemeinen Wert, ist insoweit ein Vorteil nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG gegeben. |
|
| a) Maßgebend ist der gemeine Wert der Aktien im Zeitpunkt des Zuflusses. Zuflusszeitpunkt ist der Tag der Verschaffung der wirtschaftlichen Verfügungsmacht über die Aktien. Das ist regelmäßig der Zeitpunkt der Einbuchung der Aktien in das Depot des Arbeitnehmers (vgl. BFH-Urteil vom 20. November 2008 VI R 25/05, BFHE 223, 419, BStBl II 2009, 382, m.w.N.). Liegt der Vorteil darin, dass ein Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber im Rahmen einer Kapitalerhöhung verbilligt Aktien erhält, gelten die vorgenannten Grundsätze in gleicher Weise. Auch dann fließt der Vorteil erst zu, wenn der Arbeitnehmer die wirtschaftliche Verfügungsmacht über die neuen Aktien erlangt. Das ist nach aktienrechtlichen Grundsätzen frühestens im Zeitpunkt der Eintragung der Durchführung der Kapitalerhöhung der Fall. Erst zu diesem Zeitpunkt waren die neuen Mitgliedsrechte kraft Gesetzes entstanden und erst dann wurde die Klägerin kraft Gesetzes Aktionärin der Gesellschaft, ohne dass es dazu noch eines weiteren besonderen Rechtsaktes bedurfte; der Senat verweist insoweit zwecks Vermeidung von Wiederholungen auf sein Urteil vom 29.07.2010 VI R 30/07, BFHE 230, 413. |
|
| b) Das FG hat den Wert der Aktien zum Zeitpunkt der Eintragung der Durchführung der Kapitalerhöhung noch nicht festgestellt. Die Sache geht daher mangels Spruchreife zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurück, damit die entsprechenden Feststellungen nachgeholt werden. |
|
| aa) Sollte sich dabei ergeben, dass zu diesem Zeitpunkt die Aktien bereits an einer deutschen Börse zum amtlichen Handel zugelassen waren, sind sie nach § 11 Abs. 1 Satz 1 BewG mit dem niedrigsten am Stichtag für sie im amtlichen Handel notierten Kurs anzusetzen. Liegt am Stichtag eine Notierung nicht vor, so ist nach § 11 Abs. 1 Satz 2 BewG der letzte innerhalb von 30 Tagen vor dem Stichtag im amtlichen Handel notierte Kurs maßgebend. Entsprechendes gilt nach § 11 Abs. 1 Satz 3 BewG, wenn die Aktien zum geregelten Markt zugelassen oder in den Freiverkehr einbezogen sind. |
|
| bb) Sollten die Feststellungen ergeben, dass die Aktien im Zeitpunkt des Zuflusses noch nicht börsennotiert waren, wird deren gemeiner Wert gemäß § 11 Abs. 2 Satz 2 2. Alternative BewG in der im Streitjahr (1998) geltenden Fassung unter Berücksichtigung des Vermögens und der Ertragsaussichten der Kapitalgesellschaft zu schätzen sein. |
|
| aaa) Der gemeine Wert von Aktien ist zwar grundsätzlich aus Verkäufen abzuleiten, die weniger als ein Jahr zurückliegen (§ 11 Abs. 2 Satz 2 1. Alternative BewG). Lässt sich allerdings so der gemeine Wert der Aktien nicht feststellen, ist er nach § 11 Abs. 2 Satz 2 BewG unter Berücksichtigung des Vermögens und der Ertragsaussichten der Kapitalgesellschaft zu schätzen (vgl. dazu Senatsurteil in BFH/NV 2007, 898, sowie BFH-Urteile vom 5. März 1986 II R 232/82, BFHE 146, 460, BStBl II 1986, 591, und vom 9. März 1994 II R 39/90, BFHE 173, 561, BStBl II 1994, 394; Thüringer FG, Urteil vom 9. April 2003 III 313/02, EFG 2004, 334). Grundsätzlich ist der gemeine Wert mithin vorrangig aus der Wertbestätigung am Markt abzuleiten, also von dem Preis, der bei einer Veräußerung im gewöhnlichen Geschäftsverkehr tatsächlich erzielt wurde (vgl. BFH-Urteil vom 22. Januar 2009 II R 43/07, BFHE 224, 272, BStBl II 2009, 444, m.w.N.). Liegen indessen --wie im Streitfall-- besondere Umstände vor, die es ausschließen, den gemeinen Wert der Aktien aus weniger als ein Jahr zurückliegenden Verkäufen abzuleiten, kann trotz Verkäufen im gewöhnlichen Geschäftsverkehr der dort erzielte Kaufpreis nicht mehr heranzuziehen sein. Dies gilt insbesondere dann, wenn nach diesen Verkäufen besondere, näher zum Bewertungsstichtag liegende objektive Umstände hinzutreten, die dafür sprechen, dass die zu den davor liegenden Verkäufen ehemals vereinbarten Verkaufspreise den gemeinen Wert nicht mehr zutreffend wiedergeben, und es an objektiven Maßstäben für Zu- und Abschläge fehlt, um entsprechend dem Grundsatz des § 11 Abs. 2 Satz 2 1. Alternative BewG von den festgestellten Verkaufspreisen auf den gemeinen Wert als Ausdruck der Wertbestätigung am Markt schließen zu können. Der gemeine Wert der Anteile ist dann nach § 11 Abs. 2 Satz 2 2. Alternative BewG unter Berücksichtigung des Vermögens und der Ertragsaussichten der Kapitalgesellschaft zu schätzen; im Weiteren nimmt der Senat zur Begründung insoweit auf seine Entscheidung vom 29.07.2010 VI R 30/07, BFHE 230, 413, Bezug. |
|
| bbb) Im Streitfall sind die besonderen Umstände dadurch begründet, dass nach den insoweit unangegriffenen Feststellungen des FG schon zwei Tage nach dem Beschluss über die Kapitalerhöhung für Zwecke der Mitarbeiterbeteiligung am 14. Oktober 1998 eine weitere Kapitalerhöhung und zugleich der Börsengang beschlossen wurde und dafür die Konsortialführerin in einem Wertgutachten vom 2. November 1998 den fairen Marktpreis der Aktie mit 58 DM ermittelt und diesen Wert auch Dritten, insbesondere künftigen Anlegern am Kapitalmarkt, präsentiert hatte. Wenn mithin nicht nur der Arbeitgeber der Klägerin, sondern auch die Konsortialführerin als gegenüber den Arbeitsvertragsparteien unabhängige Dritte in einem Gutachten von einem Wert der Aktien ausgegangen war, der mehr als 300 % der zuvor erzielten Verkaufspreise beträgt, liegen darin objektive Umstände, die es nicht gestatten, den gemeinen Wert der Aktien aus den zuvor innerhalb der Jahresfrist erfolgten Verkäufen abzuleiten. |
|
| c) Das FG wird bei seiner Entscheidung auch zu berücksichtigen haben, dass zwar der gemeine Wert aus Verkäufen abgeleitet werden kann, die kurz nach dem Bewertungsstichtag erfolgten (BFH-Urteil vom 2. November 1988 II R 52/85, BFHE 155, 121, BStBl II 1989, 80). Dies setzt jedoch voraus, dass zum entscheidungserheblichen Bewertungsstichtag die Preisvorstellungen bereits soweit festgelegt waren, dass die danach erfolgende endgültige Preisbestimmung keines neuen Verhandlungsansatzes mehr bedarf. Von solchen weitgehend festgelegten Preisvorstellungen kann im Streitfall allerdings nicht ausgegangen werden, wenn hier der Konsortialführer als fairen Wert der Aktien 58 DM angesetzt hatte, das Emissionsprospekt von einer Spanne zwischen 54 DM und 62 DM ausgegangen war, am Ende des "Bookbuilding-Verfahrens" ein Wert von 62 DM zu Grunde gelegt worden war und die erste Notierung an der Börse eine Bewertung von 70 DM je Aktie ergeben hatte, mithin die endgültige Preisbestimmung sich erst durch den Handel am Markt ereignet hatte. |
|
| Entgegen der Auffassung des FG lässt sich diese Bewertung schließlich auch nicht darauf stützen, dass nach § 11 Abs. 2 BewG in der seit Ende 2006 gültigen Fassung der gemeine Wert der Aktien nicht mehr nach dem sogenannten Stuttgarter Verfahren zu ermitteln sei. Denn im Streitfall ist allein die für den streitigen Veranlagungszeitraum 1998 gültige Fassung des § 11 Abs. 2 BewG anwendbar. |
|
| d) Angesichts dessen, dass im Streitfall besondere Umstände vorliegen, die es ausschließen, den gemeinen Wert der Aktien aus weniger als ein Jahr zurückliegenden Verkäufen abzuleiten, kommt es im Streitfall auch nicht darauf an, ob tatsächlich --wie die Kläger entgegen dem FG meinen-- die Aktienverkäufe zu Kursen zwischen 5 DM und 21,80 DM solche im gewöhnlichen Geschäftsverkehr waren und tatsächlich --wie eingewandt-- am 14. Oktober 1998 noch Aktien an einen Herrn Y zum Kurs von 17,91 DM im gewöhnlichen Geschäftsverkehr veräußert worden waren. |
|