| II. Die Revision ist begründet. Das angefochtene Urteil wird aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückverwiesen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO). Das FG hat zu Unrecht den Klägern eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 110 AO) wegen Versäumnis der Einspruchsfrist gegen den Einkommensteuerbescheid 2003 allein aus dem Grund verwehrt, weil ihnen das Fehlverhalten ihres steuerlichen Bevollmächtigten bezüglich der Fristversäumnis zuzurechnen sei. |
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| 1. Die einmonatige Einspruchsfrist (§ 355 Abs. 1 AO) war bei Einlegung des Einspruchs am 21. April 2006 gegen den Einkommensteuerbescheid 2003 bereits abgelaufen. |
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| a) Die Einspruchsfrist begann nach § 108 Abs. 1 AO i.V.m. § 187 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) am 19. März 2006 zu laufen. Bezüglich der Bekanntgabe des Einkommensteuerbescheids (§ 122 Abs. 2 AO) war auf den 18. März 2006 abzustellen. An diesem Tag war der Einkommensteuerbescheid vom 13. Februar 2006 --nach eigenen Angaben des damaligen steuerlichen Beraters der Kläger-- den Klägern tatsächlich zugegangen. In Übereinstimmung mit der Auffassung des FG handelte es sich bei dem am 11. April 2006 übersandten, handschriftlich geänderten Ausdruck des Einkommensteuerbescheids 2003 aus der Datei "BSV" an den damaligen steuerlichen Berater nicht um einen neuen Bescheid, der die Einspruchsfrist erst ab dem Datum seiner Bekanntgabe in Lauf setzte, sondern lediglich um die Mitteilung einer neuen Fälligkeit der Einkommensteuernachzahlung am 21. April 2006 (neues Leistungsgebot nach § 254 Abs. 1 AO). |
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| b) Die Einspruchsfrist endete nach § 108 Abs. 1 AO i.V.m. § 188 Abs. 2 BGB am 18. April 2006. Der Einspruch vom 21. April 2006 war daher verspätet. |
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| 2. Zu Unrecht hat das FG den Klägern aber wegen der versäumten Einspruchsfrist eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand schon deshalb nicht gewährt, weil sie nicht ohne Verschulden daran gehindert waren, die Einspruchsfrist einzuhalten. Denn entgegen der Auffassung des FG war den Klägern das Verschulden ihres damaligen steuerlichen Beraters an der Versäumnis der Einspruchsfrist nicht zuzurechnen. |
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| a) Nach § 110 Abs. 1 Satz 1 AO ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten. Das Verschulden eines Vertreters ist dem Vertretenen zuzurechnen (§ 110 Abs. 1 Satz 2 AO). "Ohne Verschulden" verhindert, eine gesetzliche Frist einzuhalten, ist jemand dann, wenn er die für einen gewissenhaft und sachgemäß handelnden Verfahrensbeteiligten gebotene und ihm nach den Umständen zumutbare Sorgfalt beachtet hat (ständige Rechtsprechung, z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 20. November 2008 III R 66/07, BFHE 223, 317, BStBl II 2009, 185). An die Sorgfaltspflichten eines Anwalts oder eines Angehörigen der steuerberatenden Berufe sind allerdings besonders hohe Anforderungen zu stellen, nämlich eine äußerste, den Umständen des Falles angemessene und vernünftigerweise zu erwartende Sorgfalt (ständige Rechtsprechung seit BFH-Beschluss vom 25. April 1968 VI R 76/67, BFHE 92, 320, BStBl II 1968, 585; Klein/Rätke, AO, 10. Aufl., § 110 Rz 28). Bei einem Angehörigen der steuerberatenden Berufe wird vorausgesetzt, dass er das Verfahrensrecht --inklusive die Berechnung von Fristen-- kennt, so dass sein Irrtum auf diesem Gebiet regelmäßig als schuldhaft einzuordnen ist (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 18. Dezember 2001 VII B 36/01, BFH/NV 2002, 658; Kuczynski in Beermann/Gosch, AO § 110 Rz 67). |
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| b) Im Streitfall hat der damalige steuerliche Berater der Kläger schuldhaft gehandelt, weil er nicht innerhalb der Frist bis zum 18. April 2006 Einspruch eingelegt hat. |
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| c) Das Verschulden des steuerlichen Beraters ist den Klägern jedoch nicht zuzurechnen. Denn nach dem Widerruf der Zulassung durfte der steuerliche Berater aus Gründen der Gefahrenabwehr nicht mehr für die Kläger tätig werden (BAG-Urteil in NJW 2007, 3226, unter I.2.b aa), was auch durch die Vorschrift des § 80 Abs. 5 AO bestätigt wird. Dies gilt selbst dann, wenn --wie im Streitfall-- noch eine wirksame Bevollmächtigung des steuerlichen Beraters i.S. des § 80 Abs. 1 Satz 1 AO gegeben war. Für die Wiedereinsetzung gemäß § 110 AO ist nicht der Fortbestand der Vollmacht (vgl. dazu § 80 Abs. 5, Abs. 8 AO) von Bedeutung, sondern die Frage, ob das Vertreterverschulden weiterhin dem Vertretenen zuzurechnen ist. Für den konkreten Fall des Widerrufs der Zulassung eines steuerlichen Beraters, in dem kein Eigenverschulden des Vertretenen gegeben ist, ist Letzterer schutzwürdig; ein Fremdverschulden kann ihm wegen des nicht in seiner Sphäre liegenden Widerrufs der Zulassung nicht angelastet werden. Durch den Widerruf der Zulassung entfällt die Legitimation zur Zurechnung des Verschuldens. Die Notwendigkeit, den Steuerpflichtigen in einem solchen Fall zu schützen, findet ihren Ausdruck auch in dem Umstand, dass in der Regel nach den Versicherungsbedingungen zur Vermögensschadenhaftpflichtversicherung für Steuerberater mit dem Wegfall der Zulassung der Versicherungsschutz automatisch endet, so dass die Mandanten für Schäden aus Fehlverhalten des steuerlichen Beraters nach dem Wegfall der Zulassung gegenüber der Versicherung keine Ersatzansprüche mehr geltend machen können und eine Schadloshaltung gegenüber dem steuerlichen Vertreter in der Regel --wie im Streitfall-- an dessen Vermögenslosigkeit scheitert. |
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| 3. Der Senat kann mangels tatsächlicher Feststellungen durch das FG --welche das FG im ersten Rechtszug nicht treffen musste, weil sie nicht entscheidungserheblich waren-- nicht abschließend klären, ob auch die sonstigen Voraussetzungen der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand --insbesondere die Stellung des Antrags auf Wiedereinsetzung innerhalb eines Monats nach Wegfall des Hindernisses (§ 110 Abs. 2 Satz 1 AO)-- vorliegen. Diese Feststellungen wird das FG im zweiten Rechtszug nachzuholen haben. Es wird insbesondere zu klären haben, wann die Kläger von dem Widerruf der Zulassung ihres steuerlichen Beraters erfahren haben. Sollten die Feststellungen des FG ergeben, dass die Kläger durch das Schreiben des FA vom 11. Juli 2006 von dem Widerruf der Zulassung ihres steuerlichen Beraters erfahren haben, dann wird das FG zu prüfen haben, ob in den Äußerungen der Klägerin in ihren persönlichen Gesprächen mit dem FA am 27. Juli 2006 und 10. August 2006 ein --konkludenter-- Wiedereinsetzungsantrag zu sehen ist. |
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