| II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angegriffenen Urteils und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). |
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| Entgegen der Auffassung des FG liegen im Streitfall die Voraussetzungen für eine Berichtigung nach § 129 AO vor. |
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| 1. Nach § 129 AO kann die Finanzbehörde Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes unterlaufen sind, jederzeit (innerhalb der Verjährungsfrist) berichtigen. Offenbar ist eine Unrichtigkeit, wenn der Fehler bei Offenlegung des Sachverhalts für jeden unvoreingenommenen Dritten klar und deutlich als offenbare Unrichtigkeit erkennbar ist, der Fehler auf bloßes mechanisches Versehen zurückzuführen und die Möglichkeit eines Rechtsirrtums ausgeschlossen ist (z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 4. Juni 2008 X R 47/07, BFH/NV 2008, 1801, m.w.N.). Ob jede Möglichkeit eines Rechtsirrtums, eines Denkfehlers oder einer unvollständigen Sachaufklärung bzw. fehlerhaften Tatsachenwürdigung auszuschließen ist, beurteilt sich nach den Verhältnissen des Einzelfalles, vor allem nach Aktenlage. Die Entscheidung darüber ist im Wesentlichen eine Tatfrage, die revisionsrechtlich nur eingeschränkt überprüfbar ist (§ 118 Abs. 2 FGO; z.B. BFH-Urteil vom 19. März 2009 IV R 84/06, BFH/NV 2009, 1394, m.w.N.). |
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| Eine oberflächliche Behandlung des Steuerfalles durch die Finanzbehörde hindert eine Berichtigung nach § 129 AO nicht. Denn die Anwendbarkeit dieser Vorschrift ist nicht von Verschuldenserwägungen abhängig und damit auch nicht von einem eventuellen Organisationsverschulden (z.B. BFH-Urteil vom 11. Juli 2007 XI R 17/05, BFH/NV 2007, 1810, m.w.N.). |
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| 2. Das FG ist aufgrund der Vermerke auf der Einkommensteuererklärung zu der Überzeugung gelangt, dass der Sachbearbeiter das Kreuz übersehen hat, mit dem die Klägerin eine besondere Veranlagung für das Jahr der Eheschließung beantragt hatte. Es hat dieses Übersehen als eine nicht auf rechtlichen Überlegungen oder Schlussfolgerungen beruhende bloße Unachtsamkeit beurteilt. Anhaltspunkte dafür, dass andere Gründe für die Nichtbeachtung des Kreuzes ausschlaggebend gewesen sein könnten, lagen nach Auffassung des FG nicht vor. Da die tatsächliche Würdigung des FG verfahrensrechtlich einwandfrei zustande gekommen ist und auch nicht gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstößt, ist sie für den BFH als Revisionsgericht nach § 118 Abs. 2 FGO bindend, selbst wenn die Wertung des FG nicht zwingend, sondern lediglich möglich ist (z.B. Senatsurteil vom 19. November 2008 III R 105/07, BFHE 223, 365, BFH/NV 2009, 638, unter II.2.). |
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| 3. Zu Unrecht hat das FG eine Korrektur des Bescheids nach § 129 AO deshalb abgelehnt, weil die fehlerhafte Festsetzung auch darauf beruhe, dass der Bearbeiter darüber hinaus seine Sorgfaltspflichten bei der Bearbeitung der Einkommensteuererklärung verletzt habe. Insoweit übersieht das FG, dass § 129 AO nicht von Verschuldenserwägungen abhängig ist und es für die Anwendbarkeit dieser Vorschrift nicht darauf ankommt, ob der Bearbeiter bei gehöriger Sorgfalt sein Versehen hätte erkennen und die offenbare Unrichtigkeit bei der Steuerfestsetzung hätte vermeiden können. |
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| 4. Die erst nach Ablauf der Revisionsbegründungsfrist erhobene Sachaufklärungsrüge der Klägerin hat keinen Erfolg. |
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| Im Revisionsverfahren können nur solche Verfahrensfehler berücksichtigt werden, die innerhalb der Revisionsbegründungsfrist erhoben werden (z.B. BFH-Urteil vom 29. Mai 2008 VI R 11/07, BFHE 221, 182, BStBl II 2008, 933). |
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| Abgesehen davon ist bei der Rüge eines Verstoßes gegen die Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 FGO) nach der Rechtsprechung unter anderem darzulegen, welche Tatsachen das FG hätte aufklären und welche Beweise es auch ohne Beweisantrag hätte erheben müssen (vgl. BFH-Urteil vom 6. Juni 2000 VII R 72/99, BFHE 192, 390, BFH/NV 2000, 1435). Der Vortrag, das FG hätte untersuchen müssen, ob ein Rechtsirrtum im Bereich des Möglichen liege und über welche individuelle Erfahrung der Bearbeiter der Einkommensteuererklärung verfügt habe, reicht nicht aus. Im Übrigen führt die Klägerin selbst aus, dass insoweit Feststellungen kaum möglich seien. Zudem ist nach der Rechtsprechung aufgrund des Akteninhalts zu entscheiden, ob der Fehler auf einer offenbaren Unrichtigkeit oder einem möglichen Rechtsirrtum beruht. Der Bearbeiter, der den Fehler verursacht hat, braucht dazu nicht als Zeuge vernommen zu werden (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2007, 1810). |
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| Mit ihrem Vortrag, das FG habe den "Kringel" des Bearbeiters auf der Einkommensteuererklärung und den Aktenvermerk des Rechtsbehelfssachbearbeiters sowie ihren mündlichen Vortrag nicht beachtet, rügt die Klägerin im Kern keine mangelnde Sachaufklärung, sondern die nach ihrer Auffassung fehlerhafte Würdigung des Sachverhalts durch das FG. Sie macht geltend, das FG hätte aus dem Umkreisen des Kreuzes folgern müssen, dass der Bearbeiter den Antrag erkannt habe und die fehlerhafte Veranlagung deshalb auf einem Rechtsirrtum beruhen könne. Dabei lässt die Klägerin aber außer Acht, dass der Bearbeiter der Einkommensteuererklärung laut Aktenvermerk in der Rechtsbehelfsakte auf Anfrage erklärt hat, er habe das Kreuz erst eingekreist, nachdem die Fehlerhaftigkeit des Einkommensteuerbescheids bemerkt worden sei. |
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