| I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) vermittelte für Reiseveranstalter Reiseleistungen, die die Reiseveranstalter durch Provisionen vergüteten. Sie gewährte dabei den Reisekunden Preisnachlässe auf den Reisepreis, die sie selbst finanzierte, so dass der Reiseveranstalter trotz des Preisnachlasses den vollen Reisepreis erhielt. Die Reiseveranstalter versteuerten ihre Reiseleistungen nach § 25 des Umsatzsteuergesetzes i.d.F. der Streitjahre (UStG), einer Regelung, die für die von der Klägerin erbrachten Vermittlungsleistungen nicht anzuwenden war. |
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| Die Klägerin versteuerte die gegenüber den Reiseveranstaltern erbrachten Vermittlungsleistungen zunächst im Umfang der von den Reiseveranstaltern geschuldeten Provisionszahlungen. Unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) beantragte sie mit Schreiben vom 30. August 2007, die Steuerfestsetzungen für die Streitjahre 2002 bis 2005 gemäß § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung zu ändern, da die Gewährung der Preisnachlässe an die Reisekunden gemäß § 17 UStG zu einer Minderung der an die Reiseveranstalter steuerpflichtig erbrachten Vermittlungsleistungen geführt habe. |
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| Dem schloss sich der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) im Anschluss an eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung durch Erlass geänderter Steuerbescheide für die Streitjahre nur insoweit an, als die von den Reiseveranstaltern erbrachten Reiseleistungen steuerpflichtig waren. Soweit die durch die Reiseveranstalter erbrachten --und durch die Klägerin steuerpflichtig vermittelten-- Reiseleistungen gemäß § 25 Abs. 2 UStG steuerfrei waren, lehnte das FA die Änderung ab. |
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| Hiergegen legte die Klägerin nach erfolglosem Einspruch Klage ein, der das Finanzgericht (FG) mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte 2011, 2022 veröffentlichten Gründen stattgab. Danach mindern Preisnachlässe eines Vermittlers, soweit sie auf steuerpflichtige Vermittlungsleistungen entfallen, die Bemessungsgrundlage der an die Veranstalter erbrachten Vermittlungsleistungen auch dann, wenn die vermittelte Reiseleistung gemäß § 25 Abs. 2 UStG steuerfrei ist. |
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| Gegen das Urteil des FG wendet sich das FA mit seiner Revision, die es auf Verletzung materiellen Rechts (§ 10 Abs. 1, § 17 Abs. 1 UStG) stützt. |
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| Im Revisionsverfahren hat der Senat mit Beschluss vom 26. April 2012 V R 18/11 (BFHE 237, 512, BFH/NV 2012, 1393) das Verfahren gemäß § 74 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) folgende Fragen zur Auslegung der Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG) zur Vorabentscheidung vorgelegt: |
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| "1. Kommt es nach den Grundsätzen des EuGH-Urteils vom 24. Oktober 1996 C-317/94, Elida Gibbs (Slg. 1996, I-5339) auch dann zu einer Minderung der Besteuerungsgrundlage im Rahmen einer Vertriebskette, wenn ein Vermittler (hier: Reisebüro) dem Empfänger (hier: Reisekunde) des von ihm vermittelten Umsatzes (hier: Leistung des Reiseveranstalters an den Reisekunden) einen Teil des Preises für den vermittelten Umsatz vergütet? |
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| 2. Falls die erste Frage zu bejahen ist: Sind die Grundsätze des EuGH-Urteils Elida Gibbs in Slg. 1996, I-5339 auch dann anzuwenden, wenn nur der vermittelte Umsatz des Reiseveranstalters, nicht aber auch die Vermittlungsleistung des Reisebüros der Sonderregelung nach Art. 26 der Richtlinie 77/388/EWG unterliegt? |
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| 3. Falls auch die zweite Frage zu bejahen ist: Ist ein Mitgliedstaat, der Art. 11 Teil C Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG zutreffend umgesetzt hat, im Fall der Steuerfreiheit der vermittelten Leistung nur dann berechtigt, eine Minderung der Besteuerungsgrundlage zu versagen, wenn er in Ausübung der in dieser Bestimmung enthaltenen Ermächtigung zusätzliche Bedingungen zur Versagung der Minderung geschaffen hat?" |
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| Der EuGH hat in seinem Urteil vom 16. Januar 2014 C-300/12, Ibero Tours (Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2014, 139) wie folgt geantwortet: |
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| "Die Bestimmungen der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG ... sind dahin auszulegen, dass die Grundsätze, die der Gerichtshof im Urteil vom 24. Oktober 1996, Elida Gibbs (C-317/94), zur Bestimmung der Besteuerungsgrundlage der Mehrwertsteuer aufgestellt hat, nicht anzuwenden sind, wenn ein Reisebüro als Vermittler dem Endverbraucher aus eigenem Antrieb und auf eigene Kosten einen Nachlass auf den Preis der vermittelten Leistung gewährt, die von dem Reiseveranstalter erbracht wird." |
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| Das FA beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen. |
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| Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen. |
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| Das FG habe zutreffend entschieden. Auf die Steuerpflicht der vermittelten Leistung komme es nicht an. |
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