| I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) führt Lesegeräte für elektronische Bücher (E-Book-Reader "X", Modelle "Y" und "Z") ein. Die Geräte bestehen aus einem Display mit Mikroprozessor, einem 4 GB Speicher sowie Schaltungen in einem Gehäuse, aus einer Tastatur zur Texteingabe, weiteren Bedienelementen, einem Akku, einer 3,5 mm Kopfhörerbuchse, eingebauten Lautsprechern sowie einem USB-Anschluss und einem drahtlosen Modem. |
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| Für eine dem Streitfall vorausgegangene Einfuhr waren die Geräte zunächst unter Zugrundelegung der Unterpos. 8543 70 90 der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates vom 23. Juli 1987 über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif in der Fassung der Verordnung (EU) Nr. 861/2010 der Kommission vom 5. Oktober 2010 --KN-- (Amtsblatt der Europäischen Union --ABlEU-- Nr. L 284/1) "Elektrische Maschinen, Apparate und Geräte, mit eigener Funktion, in diesem Kapitel anderweit weder genannt noch inbegriffen; andere" (Zollsatz 3,7 %), auf Einspruch dann in die Unterpos. 8543 70 10 KN "Geräte mit Übersetzungs- oder Wörterbuchfunktionen" (Zollsatz frei) eingereiht worden. |
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| Unter dem 26. Oktober 2011 beantragte die Klägerin die Erteilung einer verbindlichen Zolltarifauskunft (vZTA) und schlug die Einreihung in die Unterpos. 8543 70 10 KN vor. |
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| Mit der streitgegenständlichen vZTA vom … reihte der Beklagte und Revisionskläger (das Hauptzollamt --HZA--) die E-Book-Reader (Modelle "Y" und "Z") in die Unterpos. 8543 70 90 KN ein mit der Begründung, das Lesegerät für elektronische Bücher bestimme den Charakter des Ganzen. |
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| Der zulässigen Sprungklage der Klägerin gab das Finanzgericht (FG) statt und verpflichtete das HZA, eine vZTA zu erteilen, mit der die streitigen E-Book-Reader in die Unterpos. 8543 70 10 KN eingereiht werden. In Anwendung der Allgemeinen Vorschrift für die Auslegung der Kombinierten Nomenklatur (AV) 3 Buchst. a, wonach die Position mit der genaueren Warenbezeichnung den Positionen mit allgemeiner Warenbezeichnung vorgehe, müsse die streitgegenständliche Ware in die Unterpos. 8143 70 10 KN (es dürfte die Unterpos. 8543 70 10 KN gemeint sein) eingereiht werden. Das Gerät verfüge unstreitig über eine Übersetzungs- und Wörterbuchfunktion, weshalb die Unterpos. 8543 70 10 KN die Position mit der im Verhältnis zur Unterpos. 8543 70 90 KN genaueren Warenbezeichnung sei. Der Wortlaut der Unterpos. 8543 70 10 KN könne nicht dahin verstanden werden, dass dort lediglich Geräte, die ausschließlich über eine Übersetzungs- oder Wörterbuchfunktion und nicht über sonstige Funktionen verfügten, eingereiht werden könnten. Andernfalls hätte dies mit einer ähnlich präzisen Warenbeschreibung, wie sie sich in den folgenden Unterpos. 8543 70 30 bis 8543 70 60 KN fänden, zum Ausdruck gebracht werden können (z.B. durch das Benennen von Übersetzungsgeräten oder Wörterbuchgeräten oder ähnlich). Gestützt werde diese Auffassung auch durch die Durchführungsverordnung (EU) Nr. 763/2011 (VO Nr. 763/2011) der Kommission vom 29. Juli 2011 zur Einreihung von bestimmten Waren in die Kombinierte Nomenklatur (ABlEU Nr. L 200/6), mit der ein E-Book-Reader ohne Übersetzungs- oder Wörterbuchfunktion in die Unterpos. 8543 70 90 KN eingereiht worden sei. |
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| Mit seiner Revision macht das HZA im Wesentlichen geltend, das FG habe den nach AV 1 und 6 maßgeblichen Wortlaut der Unterpos. 8543 70 10 KN fehlerhaft ausgelegt. Der Wortlaut dieser Unterposition könne nur dahin ausgelegt werden, dass dort ausschließlich elektrische Übersetzungsgeräte oder Wörterbücher erfasst werden. Das FG stütze seine Auffassung auch zu Unrecht darauf, dass in der VO Nr. 763/2011 ein E-Book-Reader ohne Übersetzungs- und Wörterbuchfunktion in die Unterpos. 8543 70 90 KN eingereiht wird. Bei der Übersetzungs- oder Wörterbuchfunktion handele es sich um eine softwaremäßig vorhandene Nebenfunktion der Geräte, die auf die Anwendbarkeit der VO Nr. 763/2011 keinen Einfluss habe. Entgegen der Rechtsauffassung des FG sei für die Einreihungsentscheidung nicht die AV 3 Buchst. a maßgeblich, sondern die AV 1 und 6, so dass vorrangig die Anm. 3 zu Abschn. XVI zu beachten sei, wonach Maschinen mit mehreren Funktionen nach der das Ganze kennzeichnenden Hauptfunktion einzureihen seien. Die Hauptfunktion der E-Book-Reader liege eindeutig in der Textdarstellung elektronischer Bücher, die von der Unterpos. 8543 70 90 KN erfasst werde. |
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| Das HZA beantragt sinngemäß, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen. |
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| Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen. |
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| Es sei wenig überzeugend, dass der Gesetzgeber mit der Unterpos. 8543 70 10 KN unmittelbar an den Wortlaut der Pos. 8543 KN habe anknüpfen wollen, aber den Wortlaut dieser Position nur unvollständig übernommen habe. Das HZA setze sich über den Wortlaut der Unterpos. 8543 70 10 KN hinweg und verkenne die Bedeutung der AV 6. |
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| Mit Beschluss vom 12. November 2013 (BFHE 244, 166, Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern 2014, 70) hat der erkennende Senat den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) um Vorabentscheidung in Bezug auf die Auslegung der Unterpos. 8543 70 10 KN ersucht. Dieser hat mit seinem Urteil Amazon EU vom 11. Juni 2015 C-58/14 (EU:C:2015:385, ABlEU Nr. C 270/9) entschieden, die KN sei dahin auszulegen, dass ein Lesegerät für elektronische Bücher mit Übersetzungs- oder Wörterbuchfunktion, wenn es sich bei dieser Funktion nicht um seine Hauptfunktion handele, was zu prüfen Sache des vorlegenden Gerichts sei, in die Unterpos. 8543 70 90 KN und nicht in die Unterpos. 8543 70 10 KN einzureihen sei. |
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